• Journalismus und Einblicke zweier Kulturen...

    Buchbesprechungen

    Und? Wer kümmert sich um Oma?

    Um das Jahr 2011 begann sich in Deutschland ein System zu etablieren, das 24-Stunden-Kraft genannt wird. Es besteht aus osteuropäischen Frauen, die befristet ältere Menschen in ihrem Zuhause betreuen. Die Autorin des Buches schildert lebendig die menschliche Seite dieses Services, die Entscheidungssituationen darin und die Konfrontation mit fremden Kulturen im eigenen Haus. Auf der anderen Seite bietet die Lektüre auch einen sehr intimen und interessanten Einblick in diese Zonen der deutschen Lebenswelt…

    „Donau“ und die Reise der Offenbarungen

    Der Verdienst von Magris‘ Buch ist nicht literarischer sondern politischer Natur. Ob Geographie, Landschaften, Kulturen oder Leiden: „Donau“ (Biographie eines Flusses) spricht von dem, worüber nicht gesprochen wird, entdeckt das, was versteckt wird. Der Autor nähert sich auf seiner Reise der pangermanischen Seele und das Spannendste ist, dass er uns dabei auch ein Fenster zur österreichischen Geisteshaltung öffnet…

    „Die Entfernung, die uns trennt“ von Renato Cisneros

    In einer intimen Spurensuche arrangiert der peruanische Autor Cisneros ein Puzzle aus vielen Anekdoten und Reflexionen über seinen Vater, Luis Cisneros Vizquerra, dem „Gaucho Cisneros“, einem Generaloberst der peruanischen Militärdiktatur…

    „Gehen, ging, gegangen“ von Jenny Erpenbeck

    Wie sich Fremde an Fremde annähern, ohne eine schwierige Situation noch schwieriger zu machen. Das Buch „Gehen, ging, gegangen“ beschreibt eine Handvoll Flüchtlingsgeschichten in der Sichtweise eines ostdeutschen Rentners. Allesamt gescheiterte Pläne, über die kein Mensch lachen kann…

    „Los infames“: Auf den Spuren der Juden in Bolivien

    Libros Bolivia

    „Los infames“ ist ein Buch aus einer neuen Perspektive über die jüdische Migration in Bolivien und die dunklen Mächte und bitteren Geschichten, die unsere Welt bevölkerten und bevölkern. Eine Geschichte, die sich kontinuierlich weiterentwickelt, ohne Raum für Licht und Atem zu lassen, in der Erinnerung gräbt und Gräben der Verwirrung öffnet, bis sie uns dazu bringt, zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu kriechen…

    „Kampfsterne“ von Alexa Henning von Lange

    Unproblematisch geht es nicht zu, sonst würde das Buch nicht „Kampfsterne“ heißen. Schließlich treffen Utopien nach einem besseren Leben auf ein Bedürfnis nach weißen Teppichböden, Architektengärten und Bildbänden von Helmut Newton. Wer diese Zeit persönlich verpasst hat, kann sie mit der Lektüre dieses Buches gründlich nachholen…

    „Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky

    Von der vielfältigen, berg- und wasserreichen Landschaft des Westerwalds bekommt man allerdings nur eine Wiese am Waldrand zu sehen. Dafür umso mehr vom Dorfleben der 1980er Jahre, das verwandelt wurde in ein besonderes literarisches Magnetfeld…

    „Die Hauptstadt“ von Robert Menasse

    Der Roman bringt neben einem hohen Unterhaltungswert viele Kenntnisse über die Arbeitsweise der – selbst Europäern weitgehend unbekannten – Europäischen Kommission und führt uns auf anschaulichen Spaziergängen durch die Stadt Brüssel. Ein weiteres Anliegen des Autors ist die Vermittlung der europäischen Idee und der Erfahrung des Nationalsozialismus als kontinentaler Aufgabe…

    Das Landleben – (k)eine Idylle?

    Die Typen, die den Konflikt in „Unterleuten“ von Juli Zeh schüren, sind teilweise internationale Prototypen, wie der Immobilienspekulant und die in sich verkrochene Ehefrau. Doch viele andere sind richtig typisch deutsche Geschöpfe: Die Gewinner und Verlierer des Mauerfalls, alt gewordene Ideologen der 1968er Generation, hauptamtliche WG-Bewohnerinnen, blonde Pferdenärrinnen, Berliner Großstadthipster und Vogelschützer. Von all diesen Typen kenne ich genügend persönlich, um sagen zu können, dass es keine literarischen Übertreibungen sind. Es steckt also auch ein Reiseführer für zeitgenössische deutsche Charaktere in dem Buch…

    „Ruhm“ von Daniel Kehlmann

    Daniel Kehlmann, den man auch verfilmt hat, nur mühsamer, traut sich hingegen, seine Figuren wieder mit Gefühlen zu beschreiben: Jemand „wundert sich“ und rollt nicht „mit den Augen“, in einem anderen „flammt Empörung auf“ und er ballt nicht „die Faust“…

    Daniel Kehlmann: „Die Vermessung der Welt“

    Eine Zeitreise durch 16 Kapitel, in der die bedeutendsten Ereignisse, Orte und Leidenschaften im Leben zweier historischer Persönlichkeiten angeführt werden: Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß. Daniel Kehlmann präsentiert diese beiden Figuren in sich abwechselnden Episoden, aber einer fortlaufenden Geschichte, in der mehr als ein Höhepunkt erreicht wird. Für den Expat beschreibt das Buch Situationen und Empfindungen wie die von Menschen, die lange Zeit von ihrer Muttersprache und Kultur distanziert leben, und für den Reisenden des 21. Jahrhunderts eröffnet sie Szenarien, die noch immer Fantasien wecken. So hält „Die Vermessung der Welt“ dem Lauf der Zeit stand und bleibt ein Buch, das die Magie lebendig hält…

    „Los afectos“ von Rodrigo Hasbún

    Vor über 60 Jahren kam Hans Ertl nach La Paz. Mit ihm seine Frau und seine drei Töchter, deren Koffer nach dem Alptraum voller Hoffnung und Träume waren. Sie kamen aus Deutschland, wo Ertl zu den Kameramänner von Leni Riefenstahl gehörte und den Ruf hatte, unter den Lieblingsfotografen eines der Hierarchen jener dunklen Zeit gewesen zu sein. Ein Schatten, der ihn für immer verfolgen würde. Bis hierher, Geschichte und Mythos. Von da ab, „Los afectos“ von Rodrigo Hasbún, mit Sicherheit der beste bolivianische Roman des Genres der zeitgenössischen Erzählung, der bis heute geschrieben wurde…

    „Landnahme“ von Christoph Hein

    In jeder Zeitung Deutschlands findet man dieser Tage das Wort „Flüchtlinge“ auf den ersten Seiten. Ein Buch, das die Verbindung zwischen dem Wort „Flüchtling“ und dem eigenen Hantieren besonders handfest beschreibt möchte ich zu diesen Tagen empfehlen. Es zu lesen bringt außerdem Ruhe in diese aufgeregten Tage…

    „Unterwerfung“ von Michel Houellebecq

    Wenn in den Zeitungen Deutschlands einmal nicht das „Flüchtlinge“ auf den ersten Seiten ist, dann sind es mit Sicherheit die „Islamisten“. In der Literatur ist dafür Michel Houellebecq und sein Roman Unterwerfung zuständig. Es spielt mit der Idee, wie Frankreich mit einer islamischen Regierung aussehen würde. Im Zentrum steht ein mittelalter Literaturprofessor „ohne Eigenschaften“ und seine langsame Annäherung an die Idee, in einer Eliteuniversität nur für Männer zu unterrichten und zu Hause einen Harem junger Mädels sitzen zu haben…

    Der alte Schwede von Jonas Jonasson

    Die Geschichte beginnt mit einem ersten Schritt, der sich zu einer sehr umfangreichen Reise entwickeln wird – in beide Richtungen der Zeit. Und sie beginnt mit Allan Karlsson, einem einzigen sehr alten Mann, der uns im Verlauf der 413 Seiten eine ganze Mannschaft an Bekannten, Unbekannten, unbekannten Bekannten und bekannten Unbekannten vorstellen wird…

    Der dritte Mann: „Wir waren fünf“ von Viktor Mann

    Ich selbst habe den Band nur deswegen aufgeschlagen, weil ich mich auf ein neues Biographie-Seminar vorbereiten wollte und auf der Suche nach delikaten Personenbeschreibungen war. Wie würde der um 15 bzw. 19 Jahre jüngere Viktor wohl seine berühmten Brüder beschreiben?

     

     

     

     

     

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